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Richtig Streiten will gelernt sein

Viele Menschen, besonders die harmoniebedürftigen, träumen davon, dass es in ihrer Beziehung nie zum Streit kommen möge. Sie fürchten sich vor jeder Auseinandersetzung und neigen deshalb dazu, Streit möglichst zu vermeiden und im Konfliktfall sofort nachzugeben, damit der Streit schnell beendet wird.
Streiten ist notwendig
Dabei sollte man sich jedoch klar machen, dass Streiten ein notwendiger Bestandteil einer Beziehung ist. Denn ein Streit klärt verborgene Punkte, deckt unbefriedigte Bedürfnisse auf und trägt bei einer konstruktiven Bewältigung dazu bei, dass sich die Partner näher kommen und sich das gegenseitige Vertrauen intensiviert. Eine Beziehung ganz ohne Konflikte ist nicht sehr dynamisch und gesund; die Partner werden auf Dauer in der oberflächlichen Harmonie ersticken und sich immer weiter von einander entfernen.
Die richtige Dosis
Natürlich sollte man nun auch wieder nicht bei jeder kleinen Meinungsverschiedenheit einen ausgewachsenen Streit vom Zaun brechen. Denn wenn die Streitereien überhand nehmen, schleichen sich Bitterkeit und Aggression dauerhaft ein, so dass irgendwann ein normales Gespräch nicht mehr möglich wird. Bevor Sie streiten, sollten Sie sich deshalb folgende Fragen stellen:

Ist das Thema, um das es geht, essentiell wichtig für mich?
Nicht jedes Thema ist von so großer Bedeutung, dass man nicht auch mit zwei unterschiedlichen Meinungen leben könnte. Wenn es allerdings von grundlegender Bedeutung für Sie ist, sollten Sie vor einer Auseinandersetzung nicht zurück scheuen.

Was kostet es mich, wenn ich nachgebe?
Oft ist es so, dass ein Punkt für den einen Partner viel wichtiger ist als für den anderen. Wenn der Partner also unbedingt damit recht behalten möchte, dass Sie das rote und nicht das grüne Kleid auf der Grillparty trugen, so nicken Sie einfach freundlich, selbst wenn Sie genau wissen, dass es nicht stimmt. Aber warum sollten Sie sich wegen einer solchen Kleinigkeit in einen enervierenden Streit stürzen? Liebe bedeutet eben auch, dem anderen die Streicheleinheiten für sein Ego zu gönnen.

Handelt es sich um ein gemeinsames Problem?
Wenn Sie sich ständig darüber ärgern, wie devot sich Ihr Partner gegenüber seinen Eltern benimmt und Sie sich wünschen würden, dass er oder sie bestimmter auftritt, so ist das leider erst einmal nur Ihr Problem. Natürlich können Sie mit ihm oder ihr darüber sprechen, aber dennoch ist und bleibt es die Entscheidung des anderen. Daher sollten Sie dazu keinen Streit vom Zaun brechen.

Konstruktiv streiten
Wenn Sie ein paar Prinzipien beachten, dann werden Sie zukünftig konstruktiver und weniger emotionsbeladen Ihre Konflikte meistern können. Dabei hilft es schon, wenn sich erst einmal nur ein Partner an die Prinzipien hält – auf diese neuen Verhaltensweisen muss dann auch der andere Partner mit neuen Reaktionen antworten.

Das richtige Selbstverständnis: Problemlöser statt Gegner
Viele Menschen gehen mit der Einstellung an einen Konflikt heran, dass sie Gegner wären und daher den anderen besiegen müssten. Diese Einstellung führt natürlich zu bitteren und aggressiven Gesprächen. Machen Sie daher sich und Ihrem Partner klar, dass Sie beide ein gemeinsames Problem lösen möchten und deshalb Partner und keine Gegner sind.

Fakten anstelle von Vermutungen
Viel zu oft neigen wir im Streitfall dazu, uns auf unsere wilden Vermutungen zu stürzen, anstatt zu hinterfragen, was gesicherte Fakten sind. Kommt der Partner sehr spät nach Hause, unterstellen wir ihm oder ihr eifersüchtig sofort eine andere Beziehung und reagieren von vornherein beleidigt und aggressiv, anstatt erst einmal zu fragen, woran es gelegen hat, dass der andere später als erwartet kam. Hinterfragen Sie also immer ehrlich, was echte Fakten sind und was in die Welt Ihrer Interpretationen, Phantasien und Vermutungen gehört.

Gefühle äußern statt Vorwürfe zu machen
Im Konfliktfall haben wir sehr oft mit unseren verletzten Gefühlen zu kämpfen. Anstatt aber diese offen zu äußern, leiten wir daraus oft genug Vorwürfe und Anschuldigungen ab, die den anderen sofort in eine aggressive Abwehrhaltung treiben. Statt also einen Vorwurf wie "Immer vernachlässigst du mich!" zu äussern, sagen Sie lieber "Ich fühle mich sehr einsam und allein, wenn du so oft anderweitig unterwegs bist." – das erlaubt viel konstruktivere Reaktionen von Seiten Ihres Partners.

Streiten Sie ohne Hilfstruppen
Ein Konflikt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit umso mehr eskalieren, je mehr Menschen darin involviert sind. Widerstehen Sie daher der Versuchung, in der Familie und im Freundeskreis Hilfstruppen für Ihren Standpunkt zu rekrutieren – Sie begeben sich damit in eine Negativspirale. Stehen Sie selbst für Ihre Sache ein und verlangen Sie das auch von Ihrem Partner.

Mit diesen Grundsätzen werden Konflikte leichter lösbar und lange nicht so verletzend, wie sie es sonst oft sind. Manchmal kann es jedoch Themen geben, über die Sie immer wieder streiten, bei der Sie aber nie zu einer befriedigenden Lösung kommen. In solch einem Fall gibt es zwei Möglichkeiten: Sie kommen überein, dass Sie nun einmal verschiedene Standpunkte zu dem Thema einnehmen und dass sich das nicht ändern wird.

Oder aber Sie suchen professionelle Unterstützung und versuchen mit der Hilfe eines Mediators eine tragfähige Lösung für Ihr Streitthema zu finden – ein Aussenstehender hat oft einen klareren Blick für die Knackpunkte als die betroffenen Personen selbst.
Bericht: IB